Kreuzfahrtschiff und Gesichtsmaske

Kreuzfahrt und Corona – ein Situationsbericht vor Ort

Wir waren an Bord eines von Covid19 betroffenen Schiffes. Ist es angesichts der Pandemie sicher auf Kreuzfahrtschiffen mitzureisen? Sollte man nicht lieber zu Hause bleiben? Würden wir im Blick dieser Entwicklungen noch einmal mitfahren? Cruise Book klärt auf über Fakten zu Kreuzfahrten und Corona.

«COVID-19-Infektionen an Bord eines deutschen Kreuzfahrtschiffes.» Meldungen wie diese schlugen im Februar und März 2021 in diversen Print- und Onlinemedien hohe Wellen. Viele Kommentare in den sozialen Medien wirken feindselig: Von Unverantwortlichkeit, Leichtsinn und Fahrlässigkeit ist dort die Rede. Manch einer stellt die Frage, warum Reedereien in solchen Zeiten überhaupt Kreuzfahrten durchführen. Ein Ausbruch sei nur eine Frage der Zeit, da tausende Menschen an einem Fleck zusammenkommen.

Aber nicht nur die Reedereien werden kritisiert, sondern auch die Reisenden. Statt sich an die verordnete Ausgangssperre zu halten, würden wilde Partys gefeiert und sich auf Kosten anderer amüsiert. Diese Vorwürfe haben uns überrascht und natürlich auch getroffen. Mit unseren Erfahrungen aus erster Hand möchten wir zur Aufklärung über die Corona-Situation an Bord von Kreuzfahrtschiffen beitragen.

Darf man denn trotz Coronavirus überhaupt reisen?

Jedes Land hat eigene Einschränkungen und diese werden laufend aktualisiert. In den meisten Fällen wird von touristischen Reisen grundsätzlich abgeraten. Verboten sind sie hingegen selten. So gibt es Vorschriften im Heimat- und im Reiseland, die einzuhalten sind. Dazu gehören Coronatests, Quarantäneverordnungen und allgemeine Verhaltensregeln oder Beherbergungsverbote. Hierüber sollte man sich vor einer Reise unbedingt informieren. 

Unser Tipp: das Auswärtige Amt pflegt eine Liste der aktuellen Regeln auf Länderbasis. Diese sollte man regelmäßig abrufen, auch nochmals am Abreise- und Ankunftstag. Hält man sich an diese Vorschriften, steht einer Reise nichts im Weg. Die meisten Reiseanbieter inkludieren in ihren Angeboten mittlerweile auch sehr kurzfristige Stornierungsklauseln. Falls es kurzfristig zu einer Verschärfungen der Reiseregeln kommen sollte, ist somit die Stornierung oder ein Aufschub der Reise risikolos möglich. 

Reisewarnung
Reisewarnung aufgrund Corona ändern sich laufend

Werden Kreuzfahrten in Corona-Zeiten wirklich durchgeführt?

Viele Leser der Berichte waren zunächst verwundert, dass Kreuzfahrten überhaupt durchgeführt werden. Einzelne Reiseanbieter, wie TUI Cruises oder Hapag-Lloyd Cruises, haben im Sommer 2020 vorsichtig angefangen, wieder Seereisen innerhalb Europas anzubieten. Hierbei wurde immer auf die aktuellen Verordnungen höchste Rücksicht genommen. AIDA und Costa planen aktuell einen Neustart für März 2021.

Sind Seereisen während einer Pandemie sicher?

Hier gleich vorab: eine 100-prozentige Sicherheit kann es nicht geben. Weder auf einem Kreuzfahrtschiff noch zuhause. Denn bisher ist noch zu wenig bekannt über das Wie und Wo einer Ansteckung. Ein Viertel der Neuinfektionen in Deutschland entfallen wahrscheinlich auf den privaten Haushalt, laut der Situationsberichte des Robert-Koch-Instituts (RKI). Dies sind aber nur Wahrscheinlichkeitsangaben, wie das RKI zu Bedenken gibt, und keinesfalls unumstössliche Fakten. Denn bei nur etwa 20 Prozent der Ansteckungen können die Ursachen zurückverfolgt werden. Dies heißt, dass das Infektionsgeschehen grundsätzlich sehr schwierig zu beurteilen ist. 

Am meisten Schutz bietet ein ausgeklügeltes Sicherheitssystem. Daher werden ein Mund-Nasen-Schutz, Handhygiene und Abstandsregeln seit März 2020 weltweit mit Nachdruck empfohlen. Und sämtliche Kreuzfahrtlinien haben auf ihren Schiffen diese Regeln nicht nur übernommen, sondern übertreffen diese in den meisten Fällen sogar. So hat der Kreuzfahrtverband CLIA im Oktober 2020 eine globale Testpflicht für alle Passagiere und Crewmitglieder an Bord von Kreuzfahrtschiffen beschlossen. Niemand kommt mehr ohne ein aktuelles negatives COVID-19-Testergebnis an Bord.

Maske, Handgele und andere Corona Hygienemittel
Auf Kreuzfahrtschiffen werden Masken, Gele und andere Hygienemaßnahmen angewandt

Welche Präventionsmaßnahmen sind auf den Kreuzfahrtschiffen konkret vorhanden?

Hier agiert jedes Kreuzfahrtunternehmen etwas unterschiedlich. Allgemein kommen regelmäßige und mehrmalige Coronatests, tägliche Temperaturmessungen sowie Masken- und Abstandsregeln an allen öffentlichen Stellen zur Anwendung. Wir konnten auf unseren Reisen beobachten, wie die Einhaltung dieser Regeln – zum Beispiel vor den Restaurants, in Veranstaltungsräumen und an Sammelpunkten – kontrolliert wurde.

Landgänge können bei den meisten Anbietern nicht auf eigene Faust, sondern nur in kleinen geführten Gruppen, unternommen werden. Die Passagiere bleiben hier unter sich und Shoppingtouren oder Einkäufe in lokalen Geschäften sind verboten. Natürlich wird bei allen Maßnahmen auch auf eine gewisse Eigeninitiative Wert gelegt. Für die Einhaltung der Abstände in den Gängen, auf Treppen und WC-Anlagen ist somit jeder Gast verantwortlich. 

Einige Anbieter gehen sogar noch einen Schritt weiter. So gab es auf unserer Italienreise im Oktober 2020 auf der MSC Grandiosa die Auflage zum Tragen kleiner GPS-Armbänder. Mögliche Kontaktpersonen können somit im Ernstfall anhand der Bewegungsprofile und Passagierdaten schnell informiert, getestet und ebenfalls isoliert werden. Unser Tipp: jedes Unternehmen bietet transparente Information zum Sicherheitskonzept an, die Sie problemlos anfordern können. Viele dieser Konzepte, wie auch das der TUI Cruises, werden auch von externen Stellen zertifiziert.

Sind die vielen möglichen Kontakte nicht ein hohes Risiko?

Natürlich wird keines der Schiffe voll ausgelastet. TUI Cruises nimmt nur maximal 60 Prozent der maximalen Anzahl an Passagiere an Bord. In der Praxis sind sogar oft noch deutlich weniger Leute auf dem Schiff. So hatten wir im Oktober 2020 auf der MSC Grandiosa nur zirka 1.000 Mitreisende, bei einer Kapazität (vor-Corona) von 6.400. 

Kann ich mich auf einer Kreuzfahrt mit Covid19 anstecken?

Die aktuellen Fälle haben gezeigt, dass dies trotz aller Vorsicht möglich ist. Bei einem Vorfall im Februar 2021 hatte sich einer der positiv getesteten Passagiere zum Zeitpunkt der Infektion bereits mehrere Wochen an Bord des Schiffes aufgehalten. Anhand der wöchentlich durchgeführten Tests, denen sich Passagiere unterziehen müssen, kann der Zeitpunkt der Ansteckung zwar eingegrenzt werden. Wo und über welche Kontaktperson die Übertragung stattgefunden hat, ist allerdings reine Spekulation. Da von der betroffenen Gruppe Landgänge unternommen wurden, kann dies sowohl auf dem Schiff wie auch an Land passiert sein. Genau wie zuhause, wo Ansteckungen im Supermarkt, im Handel, beim Friseur oder der Arztpraxis möglich sind, kann das auch auf Kreuzfahrten nicht ausgeschlossen werden. Hält man sich aber an die Maskenpflicht, Abstandsregeln und Handhygiene kann die Wahrscheinlichkeit, wie überall, minimiert werden. 

Haben die Sicherheitskonzepte versagt?

Ganz im Gegenteil. Durch die regelmäßigen Tests werden betroffene Personen schnell und effizient identifiziert. In vielen Fällen verläuft eine Coronainfektion annähernd oder vollständig beschwerdefrei und wird dadurch gar nicht erkannt. Dank der Vorsorgetests an Bord werden die Infizierten lokalisiert und es können Isolationsmaßnahmen in Absprache mit lokalen Behörden in Kraft treten. Beim Beispiel an Bord von TUI Cruises im Februar konnten alle anderen Passagiere, wie geplant, abreisen (so wie wir) oder ihre Reise fortsetzen. Das gesamte Schiff wurde ebenfalls routinemäßig desinfiziert, um es für die ankommenden Gäste vorzubereiten. Diese Maßnahmen entsprechen den vorab im Detail geplanten Standards, wie sie auch die MSC Cruises erarbeitet haben. Hierdurch wird gewährleistet, dass kein Kreuzfahrtschiff auf unbestimmte Zeit festgehalten wird, wie es 2020 der Fall war. Stattdessen gibt es genaue Protokolle und Absprachen mit Gesundheitsbehörden, wie bei positiven Coronatest zu verfahren ist. Daher können diese entdeckten Fälle als bestandener Test der Sicherheitssysteme verstanden werden.

MSC Angestellter desinfiziert Kreuzfahrtschiff
Be MSC Cruises wird mit elektrostatischen Sprays ein Kreuzfahrtschiff desinfiziert

Lohnt sich eine Kreuzfahrt trotz dieser ganzen Beschränkungen überhaupt?

Wen das Fernweh juckt, der hat mit Kreuzfahrten auf jeden Fall derzeit eine der sichersten Möglichkeiten die Welt zu entdecken. Denn die strengen Maßnahmen haben einen großen Vorteil: Sie ermöglichen ein Freizeitvergnügen, wie es an Land noch nicht möglich ist. Man kann romantisch Essen gehen, vielfältigen Konzerten lauschen oder in einem Kabarett Tränen lachen. 

Durch die Beschränkung der Passagierzahlen kommt man an Bord vieler Schiffe in den Luxus einer 1:1-Betreuung durch die Mitarbeiter an Bord. Man findet an den Pools entspannt Platz, kann die Fitnessgeräte in Ruhe benutzen und den Sonnenuntergang bei einem Cocktail genießen. Für uns ist es daher sicher: Sobald es unser Zeitplan zulässt, heißt es wieder «Leinen los».

Fotoquellen: Titelbild Mikhail Berkut / Shutterstock.com – Beitragsbild 1 viarami / Pixabay – Beitragsbild 3 Pressebereich / MSC Cruises