Chromolithograph von Ricardo Balaca, 1892, das Kolumbus bei der Abreise aus Spanien zeigt

Auf den Spuren von Kolumbus in Andalusien

Die Crew droht zu meutern, die Kompassnadel spinnt – doch Christoph Kolumbus lässt sich nicht beirren. Mit drei kleinen Holzschiffen – Santa Maria, Pinta und Niña – schreibt der Entdecker Amerikas 1492 Geschichte. Die Nachbauten der Schiffe des Kolumbus sind heute vom Kreuzfahrthafen Huelva aus zu besichtigen. Geschichte wird hier hautnah erlebbar.

Unter Deck der Santa Maria ist es dunkel und eng. Christoph Kolumbus steht breitbeinig auf den Planken. Der 41-jährige Italiener fährt bereits seit 25 Jahren zur See, er hat trainierte Seemannsbeine. Und die Santa Maria ist ein gutes Segelschiff, um den Seeweg nach Indien zu finden. Endlich wird sein Plan Wirklichkeit. Schon vor 15 Jahren formte sich in ihm die waghalsige Idee immer weiter nach Westen zu fahren.

24 mal acht Meter misst sein Flaggschiff Santa Maria, 39 Mann Besatzung für fünf Segel an drei Masten. Das Schiff gehört dem Spanier Juan de la Cosa, er wird es auch als Kapitän  führen. Steil steigt das Vordeck in Richtung Bugspriet an. Selbst wenn das Schiff fest vertäut ist, fällt es schwer, bis zum vordersten Punkt zu gelangen. Columbus vertraut dem massiven Schiff, aber er sichert sich ab: Zwei kleinere Karavellen werden die Expedition begleiten: Die Pinta und die Niña. Die Niña – spanisch für Mädchen – wurde 1491 im andalusischen Hafen Moguer auf Kiel gelegt. Kolumbus beäugt die Endphase des Baus kritisch, schließlich hängt sein Leben von der Arbeit der Zimmerleute ab. 

Nervös besucht er vor seiner Abfahrt das nahegelegene Kloster Santa Clara, das sich hinter den massiven Mauern einer Burg aus der Almohadenzeit verbirgt. Er bittet in der schmalen Kirche um göttlichen Beistand und bekommt diesen auf unverhofftem Weg: Die Äbtissin legt als Tante von König Ferdinand ein gutes Wort bei ihrem Neffen für die Finanzierung der Expedition ein. 

Die Schiffe Kolumbus‘ Santa Maria, Pinta und Niña stechen in See

Am 3. August 1492 ist es so weit: Die drei Schiffe setzen von Huelva aus die Segel. Der Kai ist voller Schaulustiger, doch Kolumbus hat nur Augen für seine drei Schiffe und die See. Schon auf Gomera muss er Halt machen und einen Monat verweilen. Das Steuerruder der Pinta ist gebrochen. Und die Niña erweist sich als zu langsam, Kolumbus lässt ein Lateinsegel gegen ein Rahsegel austauschen, das besser für Winde von hinten geeignet ist.

Am 6. September geht es endlich weiter – hinaus aufs unendliche Meer. Die Reise ins Ungewisse macht den Männern Angst. Die Offiziere tuscheln skeptisch, die Mannschaft droht immer wieder zu meutern, sie will zurück. Selbst auf die Kompassnadel ist kein Verlass mehr – die Naturgesetze scheinen außer Kraft gesetzt. Als die Situation zu eskalieren droht, blickt Kolumbus verzweifelt gen Himmel und sieht einen Vogel. Das Land kann nicht mehr weit sein! 

Christoph Kolumbus auf zeitgenössischen Darstellungen
Christoph Kolumbus im Portrait und bei der Ankunft auf Hispaniola auf einer Gravur des Künstlers Herrera

Kolumbus entdeckt die „Neue Welt

Und doch dauert es noch einen ganzen Monat, bis die Schiffe eine Insel erreichen. Kolumbus wähnt sich südlich von Japan. Heute weiß man, dass Santa Maria, Niña und Pinta auf den Bahamas vor Anker gegangen sind. Der Seefahrer will weiter, nach China. Auf dem Weg entdeckt er die Inseln Kuba und Hispaniola, wo die stolze Santa Maria am ersten Weihnachtstag auf einer Untiefe aufläuft. Das Schiff ist verloren, ein Teil der Crew bleibt zurück. 

Mitte Januar macht sich Kolumbus an Bord der Niña auf den Rückweg, auch die Pinta sticht parallel wieder in See. Vor den Azoren geraten die beiden Schiffe in einen schrecklichen Sturm. Die Crew der Niña verliert den Kontakt zur Pinta. Kolumbus klammert sich an die Reling, betet im Schweiße seines Angesichts für eine sichere Heimkehr. Er werde sich im Kloster Santa Clara bedanken, verspricht er Gott, während das Holz ächzt und stöhnt in der Gewalt des Meeres.

Chromolithografie der Ankunft des Kolumbus aus San Salvador
So ähnlich könnte die Ankunft des Kolumbus ausgesehen haben – Malerei von Dioscoro Puebla, 1892

Dankesgebet im nahegelegenen Kloster Santa Clara

Gott ist ihm gnädig und er erreicht am 4. März 1493 Lissabon. Seine Knie zittern, als er zum ersten Mal wieder das Land betritt. Sie haben es geschafft. Zurück in Huelva besucht Kolumbus am 16. Mai 1493 erneut die kluge Äbtissin von Santa Clara. Der Seefahrer ist dankbar, wieder heil zurückgekehrt zu sein. Vielleicht nimmt er ein Getränk in der Klosterküche aus dem 14. Jahrhundert zu sich? 

Bei strahlendem Sonnenschein ist das Kloster Santa Clara ein herrliches Fotomotiv
Vorplatz des Klosters Santa Clara in Moguer im Sonnenschein
Der Vorplatz des Klosters Santa Clara in Moguer
Auch Störche kann man während der Brutzeit am Kloster beobachten

Noch heute wundern sich Besucher in der Klosterküche über die Helligkeit, die das kleine, runde Dachfenster in den Raum wirft. Auch das Original-Kirchengestühl von 1317 ist noch immer so wie es Kolumbus schon sah. Lediglich die mächtigen Alabaster-Sarkophage vor dem Altar sind jünger: Sie stammen aus dem 16. Jahrhundert. Hier liegt unter anderem der Lehrmeister von Michelangelo begraben. Spiegelbilder des Klosters Santa Clara finden sich heute in ganz Südamerika. Im Sommer gibt es mehrere Führungen pro Tag, es empfiehlt sich aber vorher einen Termin zu vereinbaren.

Alabaster-Sarkophage vor dem Altar sind zwar nicht aus Kolumbus‘ Zeiten. Aber spektakulär.

Nachbauten der berühmten Segelschiffe

Auch von den drei Schiffen Kolumbus‘ kann man sich noch immer einen lebensechten Eindruck verschaffen – obwohl sie als verschollen gelten. Wie ist das möglich? Zum 500-jährigen Jubiläum der Entdeckung Amerikas konstruierten die spanischen Schiffszimmerer des kleinen Ortes Palos de la Frontera nahe Huelva originalgetreue Nachbauten der kleinen Segler, mit denen Kolumbus sich auf den Weg machte. Stolz liegen Santa Maria, Pinta und Niña an der Muelle de las Carabelas und lassen sich von außen wie innen inspizieren. Man spürt noch immer die Enge und die Beklemmung, die die Seefahrer während der Überfahrt befallen haben muss. 

Die nachgebauten Schiffe des Kolumbus liegen vertäut nebeneinander im Wasser
Nachbauten der Schiffe des Kolumbus nahe Huelva
Detailaufnahmen der nachgebauten Schiffe des Kolumbus in Spanien

Die Innenstadt von Huelva

Ein Abstecher in die andalusische Stadt empfiehlt sich als Teil eines Tagesausfluges in Huelva. Die Region war vermutlich schon im 10. Jahrhundert vor Christus besiedelt. Bei Ausgrabungen in den 90er-Jahren wurden mehr als 3.000 Keramikfragmeten phönizischer Art gefunden. Aber auch griechische, zypriotische und sardinische Scherben waren darunter. Das archäologische Museuman der Alameda Sundheim zeigt viele Fundstücke. 

Nahe der Plaza de las Monjas kann man durch einen Panzerglasboden Ausgrabungen aus römischer Zeit betrachten. Dieser „Platz der Nonnen“ war vor dem Erdbeben von Lissabon der Gemüsegarten des Klosters. Heute ist hier die Touristeninformationzu finden. Bis auf das römische Aquädukt, das die Stadt noch heute mit Wasser versorgt, gibt es kaum noch Bauwerke aus der Zeit vor dem Erdbeben im Jahr 1755.

Aus der Blütezeit des Bürgertums stammt der Palacio de Mora Claros. Das prächtige Gebäude wurde 1912 erbaut und bekam 1919 seinen heutigen Feinschliff. Es vereint verschiedene Baustil. Auch das Große Theater von 1923 mit seinen mächtigen Säulen ist ein veritables Fotomotiv in der Innenstadt. Das Rathaus im Stil des Architekten Juan de Herreras ist der Hingucker am Platz La Constitución. Und die Kathedrale La Merced wurde nach Erdbeben zweimal wiederaufgebaut.

Gastronomischer Tipp

Wenn in Huelva noch Zeit bis zur Abfahrt des Schiffes bleibt, lohnt sich ein kulinarischer Ausflug in die Stadt. Wer Tapas mag, sollte unbedingt frische Garnelen probieren. Auch frittierter Tintenfisch und der Schinken der Provinz sind einen Versuch wert: Für den Jamon de Bellota futtern die Schweine vor ihrer Schlachtung Eicheln. Abgerundet wird der kulinarische Genuss von einem Tinto de Verano, einer Mischung aus Rotwein und Zitronenlimonade. Das klingt im ersten Moment gewöhnungsbedürftig, ist aber eine perfekte Erfrischung für sommerliche Temperaturen. 

Anreise vom Kreuzfahrtschiff

Die Nachbauten der Schiffe des Christoph Kolumbus sind nicht weit vom Kreuzfahrthafen Puerto de Huelva entfernt. Santa Maria, Pinta und Niña liegen an der Muelle de las Carabelas in Palos de la Frontera, knapp zehn Kilometer vom Kreuzfahrtanleger. Am besten bestellt man sich ein Taxi oder einen privaten Fahrer vor. Zum Besichtigen der Nachbauten der Schiffe des Kolumbus sollte man sich in etwa 1 Stunde einplanen.

Wenn genügend Zeit zur Verfügung steht, kann man von den Nachbauten noch weiterfahren bis zum Kloster Santa Clara in Moguer, in dem Kolumbus Gebete für eine heile Überfahrt gesprochen hat. Das Kloster befindet sich etwa 20 Kilometer vom Kreuzfahrtanleger. Reist man hingegen von Kolumbus‘ Schiffen an, kann man sich entweder einen Fahrer für die gesamte Tour buchen (die Gästebetreuer an Bord sind hier sicher eine gute Unterstützung). Oder man nimmt eines der lokalen Taxis in Anspruch. 

Abrunden kann man die Rundtour dann mit einem Abstecher in die Innenstadt Huelvas. Alternativ können Kreuzfahrtpassagiere die 15 Kilometer bis in die Innenstadt von Huelva mit dem hafeneigenen Shuttle zurücklegen.

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