Ein Restaurant an der Amalfiküste mit dem Blick auf das Meer

Kulinarik der Amalfiküste: Slow Food und feine Weine

Die Amalfiküste ist nicht nur landschaftlich reizvoll, sie hat auch zahlreiche lukullische Genüsse zu bieten. Wer den zauberhaften Küstenabschnitt zwischen Salerno und Sorrent auf Zitronen reduziert, tut der Region unrecht: Sie ist nicht nur die Slow-Fish-Wiege Kampaniens, es gibt auch lokale Weine, die unbedingt entdeckt werden wollen. Wir erlauben uns einen lukullischen Ausblick auf Genüsse, die Seereisende und Touristen entlang der amalfitanischen Küste erwarten.

Edle Bohne aus Controne

Michele Ferrante lässt seinen Blick prüfend über die Felder schweifen. Kleine Schweißperlen stehen auf seiner Stirn. Das Thermometer zeigt an diesem Julitag mehr als 30 Grad an. Genau die richtige Temperatur für Micheles berühmten Bohnen. Wenn andere Bohnensorten bereits im Erntekorb landen, werden die Bohnen aus Controne nämlich erst gesät. 

weiße Controne Bohnen als Salat in einer Schüssel angerichtet
Die weißen Bohnen aus Controne sind dank ihres einzigartigen Geschmacks als Salat einfach köstlich.

Die makellos-weißen Samen gehen an den Hängen des Alburni-Gebirges auf. Der steinige Boden mit seinen Mineralien und die frischen Quellen der Region verleihen der Bohne aus Controne ihren einzigartigen Geschmack. Dank ihrer dünnen Schale muss sie vor dem Kochen nicht gewässert werden und benötigt kürzere Garzeiten als andere Bohnensorten. Mit diesen Qualitätskriterien hat die edle Hülsenfrucht es sogar auf die Slow-Food-Liste geschafft – sie gilt als eine der italienischen Spezialitäten, die geschützt werden sollen.

Im November, wenn die Tage wieder deutlich kühler werden, werden die Bohnen geerntet. Das muss natürlich gefeiert werden: Beim Bohnenfest kommen auch andere lokale Spezialitäten auf den Tisch, wie zum Beispiel das Olivenöl aus der Region, bestehend aus den Olivensorten Rotondella und Carpellese. Das fruchtige Aroma der Öle passt perfekt zur sanften Süße der Controne-Bohne. 

Ein Mann nimmt die Olivenernte in die Hand
Das Olivenöl aus den lokalen Oliven ist als Verfeinerung der Küche begehrt .

Dazu gehört eine Fresella – ein getrocknetes Weizenbrot, das kurz in Wasser aufgeweicht wird – und frisch zubereitete Lagane. Auch diese rustikale Hartweizenpasta ohne Eier ist typisch für die Region Cilento. Bereits der römische Dichter Horaz wusste die bronzefarbenen Nudeln zu schätzen. In Neapel wird die Controne-Bohne auch gern zusammen mit Endiviensalat als Suppe genossen. 

Harte Fresella-Brote werden in großen Mengen angeboten
Zu Olivenöl und Bohnen reichen die Einheimischen gerne das getrocknete Fresella-Brot.

Sardellen: Alici di Menaica

Aber was wäre die traumhafte Amalfiküste ohne ihre Spezialitäten des Meeres? Zu den wichtigsten zählen die Alici di Menaica. Diese Sardellen werden mit einer antiken und nachhaltigen Technik gefangen – an ruhigen Seetagen zwischen März und August. 

Frische Sardellen mit einem Verkaufsschild bei einem Markt
Sardellen gibt es an der Amalfiküste in vielen Formen. Wer sie findet sollte die „Alici di Menaica“ probieren – eine alte Spezialität, die nur noch selten angeboten wird.

In Pisciotta können wir das Prozedere beim Abendessen beobachten: Gerade mal sieben oder acht kleine Fischerboote fahren gegen 19 Uhr hinaus aufs Meer. Zuvor beobachten die Fischer die Strömung, den Wind und das Wetter mit erfahrenem Blick, denn die Alici folgen dem Licht von Sonne, Mond und Sternen. An bedeckten Tagen helfen die Fischer mit einer kleinen Gaslaterne nach. In ihren speziellen Netzen bleiben nur die ausgewachsenen Tiere hängen, die kleineren können durch die Maschen hindurchschwimmen. 

Dass es diese nachhaltige Fischereimethode noch gibt, verdankt die Region Donatella Marino. Sie eröffnete 1991 am Fischerhafen von Pisciotto das Restaurant „A Tartana“ – gemeinsam mit ihrem Mann Vittorio Rambaldo, der die alte Technik schon als Kind von seinem Großvater lernte. Der exzellente Ruf ihrer Sardellengerichte lockte den Gründer der Slow-Food-Bewegung Carlo Petrini ins Dorf und 2001 wurden die Alici di Menaica mit dem begehrten Slow-Food-Siegel ausgezeichnet. 

Damit diese ihren zarten Geschmack behalten, muss alles schnell gehen: Die Fische werden noch auf dem Boot ausgenommen und in Holzkisten ohne Eis oder andere Kühlmethoden an Land gebracht. Dort landen sie nach dem Waschen zwischen dicken Salzschichten in Terracottagefäßen. Nach drei Monaten Reifung im kühlen Lagerraum sind sie bereit zum Verkauf. Als Nebenprodukt der Reifung entsteht die Colatura di Alici, eine salzige, bernsteinfarbene Würzsauce, die zum Verfeinern von Gemüse-, Pasta- oder Fischgerichten genutzt werden kann.

Leider ist das Restaurant von Donatella und Vittorio inzwischen geschlossen, die Familie konzentriert sich auf den Fang und die Verarbeitung der Sardellen. Aber wer sich vom zarten Aroma überzeugen möchte, kann in jedem anderen Restaurant des Ortes Pisciotta einen Salat mit Sardellen bestellen. Die kleinen Fische passen auch zu Spaghetti mit Knoblauch, Olivenöl und Peperoncino. Etwas raffinierter ist das lokale Rezept Alici inchiappate – dabei landen Ziegenkäse, Ei, Knoblauch und Petersilie als Füllung in den Sardellen. Anschließend werden sie mit Mehl frittiert oder in Tomatensoße gekocht. 

Mönchskäse: Provolone del Monaco

Im Süden kurz vor Sorrent zeigt die Amalfiküste ihre wilde Seite: Zerklüftete Felsen türmen sich im Nationalpark des Lattari-Gebirges. In dieser rauen Gegend entsteht ein milder und exklusiver Käse: der Provolone del Monaco. Der halbharte Käse aus frischer Kuhvollmilch präsentiert sich im Käseladen meist in einer leicht länglichen Melonen- oder Birnenform und hat kleine Löcher die mit Rebhühneraugen verglichen werden. 

Kugeln des Mönchskäses aufgehängt in einem Laden
In der typischen Kugel- oder Birnenform darf der „Mönchskäse“ in Ruhe im warmen Klima reifen.

Der Name des Käses hat nichts mit dem kleinen Stadtstaat an der französischen Mittelmeerküste zu tun, sondern mit dem italienischen Wort für Mönch. Im Gegensatz zur frischen Mozzarellaproduktion rund um Neapel hatten die Bauern im Lattari-Gebirge einen viel weiteren Weg, um den Käse in die Stadt zu bringen. Und so trugen sie auf ihrem beschwerlichen Marsch im Morgengrauen oft faserige Kittel, die an Mönche erinnerten.

Tatsächlich wurden schon in vorchristlicher Zeit Tiere im Lattari-Gebirge gehalten, doch erst die Einführung neuer Rinderrassen im 19. Jahrhundert führte zur Züchtung der lokalen Agerolese-Rasse, deren Milch für den Provolone verwendet wird. Die Kuhherden fressen auf den Gebirgswiesen wilde Kräuter, deren Geschmack sich durch eine besonders lange Reifung in dem milden Mikroklima bis zur Perfektion entfaltet. Nach rund neun Monaten erreicht der Provolone del Monaco seinen Geschmackshöhepunkt – süß und buttrig, aber gleichzeitig auch intensiv würzig. 

Wein: Costa d’Amalfi Doc

Und was passt besser zu einem würzigen Käse als ein gutes Glas Wein? Die Reben der Amalfiküste tragen seit 1995 ein Doc-Gütesiegel. Und obwohl die Amalfiküste sich gerade mal über 50 Kilometer erstreckt, gibt es hier eine erstaunliche Sortenvielfalt. Sowohl rote als auch weiße Reben wachsen auf den vielen kleinen Terrassenanbauflächen. Manche findet man ausschließlich in dieser Region, wie den Tintore aus Tramonti.

Frau hält Weinglas mit Weißwand vor die Kulisse von Positano
Entlang der zahlreichen Restaurants kann der lokale Wein vor bester Kulisse genossen werden.

Da der Anbau aufgrund des unwegsamen Geländes sehr aufwändig ist, sind auch die Preise pro Flasche angepasst – unter zehn Euro ist kaum ein Wein von der Amalfiküste zu haben. Doch die Investition lohnt sich: Die Weinselektionen der Amalfiküste haben international bereits einen herausragenden Ruf. Zu den bekannten Winzern zählen Marisa Cuomo oder Tenuta San Francesco. Salute – lassen Sie es sich schmecken und genießen Sie ihren Urlaub an der wunderbaren Amalfiküste!

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